Dialogtherapie – Therapiedialog

Licht

Immer noch gilt der kluge, alte philosophische Satz:

Nicht die Dinge der Welt ängstigen uns; es ist unsere Haltung zu diesen Dingen, die uns ängstigen kann!

Unsere Gedanken zur Welt sind es also, die zum großen Teil unser Seelenheil, unsere Gesundheit und unser Wohlfühlen bestimmen! Und das gilt nicht nur für die Furcht oder die Angst. Ganz allgemein gilt: Was wir fühlen, was wir empfinden ist nicht die Welt! Was wir fühlen, das sind unsere Gedanken!

Wenn es also unsere Gedanken sind, die wir fühlen, – und wir ja auf das gesunde Wohlfühlen großen Wert legen, dann heißt das doch, dass wir für nichts so große Sorge tragen sollten, wie für unsere Gedanken! Oder?

Konkret heißt das:

Wenn ich schlechte Gedanken in mir trage, werde ich mich schlecht fühlen. Trage ich aber gute, hilfreiche Gedanken in mir, werde ich mich auch dementsprechend gut fühlen!

Nun besteht die Kunst also darin, zwischen schlechten und guten Gedanken unterscheiden zu können, schlechte Gedanken – wenn möglich – zu widerlegen und dadurch zu tilgen, gute Gedanken zu generieren, zu fördern und die schlechten Gedanken durch bessere zu ersetzen.

Dass das möglich ist, ist keine Frage: Sokrates macht es vor und viele Andere machen es ihm nach. Und das ist auch gut so.

Prinzipiell schwierig wird es nur, wenn man verlernt, vergessen oder nie gelernt hat, auf das Gute zu schauen, nach dem Guten Ausschau zu halten, das Gute zu suchen. Dies zeigt sich dann häufig in Form von Ängsten und/oder Depressionen. Meist gehen Ängste und Depressionen dabei Hand in Hand. Und regelmäßig kommt dann noch ein Grübeln dazu, das die meisten Betroffenen für ein Nachdenken halten. Ein Grübeln oder ein Grübelzwang ist aber kein Nachdenken! Weit davon entfernt! Ein Denken und Nachdenken ist immer zielgerichtet und führt immer zu einem Ergebnis, das sich vom Ausgangspunkt deutlich unterscheidet. Beim Grübeln dagegen bewegen sich die Gedanken (durch Denkfehler) im Kreis und landen wieder genau an ihrem Ausgangspunkt. Und von vorne geht das „Denken“, das Grübeln los und endet wieder ergebnislos. Immer und immer wieder! Zwanghaft! Zum Verzweifeln. Und wenn dann die Denkinhalte auch noch niederdrückend und traurig sind, dann ist der depressive Zustand gesichert.

Es gibt aber zum Glück ein Signal der Hoffnung: Der Sokratische Dialog kann diese krank machenden Denkstrukturen knacken und für Licht am Horizont sorgen. Und weil diese Befreiung oder Heilung eben im Sokratischen Dialog stattfindet, nenne ich diese Weise der Therapie gerne „Dialogtherapie“. Und den zur Heilung führenden Sokratischen Dialog, wenn er für Heilungszwecke angewandt wird, Therapiedialog.


 

Genesung durch Sprache

Gesprächstherapien können nützlich, hilfreich und heilsam sein. Seit Sokrates können wir das wissen. Und seit jeher kann Mensch dieses erleben und erfahren; dieses Zu-Hause-Sein im Sein, im Sein der Sprache.

Und doch ist mir keine Therapieschule (außer vielleicht Viktor Frankls Logotherapie) bekannt, die die Heilsamkeit der Klärungen durch Sprache als Ursache ihrer Erfolge benennt. Da werden eher sehr einfach und menschlich gestrickte, lehrbare und lernbare  Verfahrensstrategien als Heilsursache benannt. Oder das fragwürdige Therapeut-Patienten-Verhältnis wird zum Heilsbringer erhoben.

In den Coaching-Bereichen, die eine Heilung des Menschen in der einen oder anderen Form anstreben, scheint es ähnlich zu sein.

Ist es so schwierig zugeben zu müssen, dass der Mensch über die Sprache und das Nachdenken über sich selbst zu seinem Selbst und damit zur Heilung gelangt; dass der Therapeut oder Coach nur als Gesprächspartner fungiert, um einem Menschen die Möglichkeit des Sich-Selbst-Aussprechens zu geben um ihm so den Zugang zu seinem Sinn und seinem Sein zu ermöglichen oder zu ebnen?

Wie wäre es, einmal einfach zuzugestehen, dass das „Sich hinenbegeben in Sprache“, dass freies, unverbogenes Sprechen mit einem offenen, neutralen, wertvollen Gesprächspartner das ist, was wir Menschen alle dringend brauchen und was uns auch in verfahrenen Situationen wieder auf unseren eigentlichen Weg zurückführen kann?


Die natürlichste Sache der Welt

Man könnte den Sokratischen Dialog als die natürlichste Sache der Welt bezeichnen. Vorausgesetzt, dass man das Denken als eine natürliche Sache betrachtet. Denn der Sokratische Dialog ist nichts anderes, als eine Vollendung, eine Perfektionierung des Denkens.

Bezogen auf eine Therapie im Sokratischen Dialog (Dialogtherapie), könnte man diese Therapie dann durchaus als ein Naturheilverfahren betrachten.

Auf der anderen Seite kann man das Denken auch als eine rein kulturelle Leistung betrachten und damit nicht als zur Natur zugehörig. Die Natur wäre dann nur die notwendige Voraussetzung zum Denken und zum perfektionierten Denken, das dann eine kunstvolle kulturelle Leistung ist; gemäß dem schönen Satz: „Ars enim perficit naturam“ – Denn es ist die Kunst, die die Natur vollendet.

Dann wäre auch der praktizierte Sokratische Dialog eine Kunst, der die menschliche Natur vollendet. Und bezogen auf eine Therapie im Sokratischen Dialog (Dialogtherapie) wäre der Sokratische Dialog eine Kunst, die durch die Vervollkommnung der menschlichen Natur und Kultur eine Heilung bewirken kann.

Aber ganz egal, ob man den Sokratischen Dialog als eine natürliche oder kunstvolle Vollendung der menschlichen Natur betrachtet: Es scheint mir einleuchtend, dass die Verbesserung oder Vollendung dessen, was dem Menschen zutiefst zu eigen ist und sein Leben und Lebensempfinden maßgeblich bestimmt, seinem seelischen und geistigen Leben nur von Nutzen und heilsam sein kann.