Angst

Angst

Angst begleitet den um sich selbst wissenden Menschen. Immer. Mal mehr, mal weniger. Manchmal zu sehr.

Manchmal zu sehr, zu stark, zu aufdringlich, unabwendbar, eklig und klebrig versucht sie sich Gehör zu verschaffen, heischt nach Aufmerksamkeit, nach alleiniger Aufmerksamkeit, tötet alles andere um sich herum ab; jede freundliche, freudige, schöne Regung; jeden Hauch, der das Leben erträglich oder gar wieder schön werden liesse.

Diese Angst scheint übermächtig.

Sie ist aber nicht übermächtig. Nicht einmal mächtiger als wir ist sie, die Angst, unsere Angst. Wir müssen der Angst nur ins Auge sehen, sagen manche. — Gesagt – getan – und die Sache geht schief. Wem sehe ich denn da ins Auge, in welches Auge überhaupt? -Ich kann kein Auge sehen! Ich kann meine Angst nicht sehen!

Hoffnungslos?

Nein! Hoffnungsvoll! Um die Angst ansehen zu können, muss ich ihr eine Form geben. Sie muss äußerlich, sinnlich wahrnehmbar werden, damit ich sie vorstellen und erkennen kann. Indem sie zum Abbild wird, wird sie ihres nebulösen Geheimnisses beraubt. Denn ihr Geheimnis, ihre Macht, ist die Wirkung in Unsichtbarkeit. Wir können sie nicht sehen, wir können sie nicht fassen, wir sind ihr ausgeliefert! Und die Angst hat die Macht über uns.

Sobald wir im Schreiben der Angst eine Form und eine Sprache, eine Figur, verleihen, können wir mit ihr sprechen, können sie anhören und, wenn wir wollen, auch etwas zu ihr sagen.

Sobald wir unsere Angst in einer Figur manifest werden lassen, wird die Angst für uns erkennbar und sie ist zu besiegen. Die größten Dämonen können wir auf diese Weise bezwingen!

Wenn sich die Angst oder andere Dämonen dann wieder einmal aufdringlich zu Wort melden, brauchen wir Ihnen nicht mehr zitternd ins Auge zu schauen. Wir können ihnen dreist, fett und frech ins Gesicht lachen und sie ihrer Lächerlichkeit preisgeben. Oder wir können mit ihnen ringen – und sie niederringen. Oder wir können hören, ob sie uns etwas Wertvolles zu sagen haben, und dann entsprechend handeln.

Doch zuvor müssen die Dämonen zur bildhaften, vorstellbaren, sprechenden Figur werden. Wie in der Mythologie.


Ausbruch aus dem Schweigen

Ketten

Schweigen versiegelt, erniedrigt, erdrückt, erstickt.
Schweigen nimmt die Luft zum Atmen.
Schweigen legt Ketten an.

Schweigen ist der Nährboden für Unrecht und die selbstzerstörerischen Krankheiten: Scham, Schuld, Schande.

Und … ach ja: Schweigen macht wahnsinnig!

Das Schweigen zu brechen, Ketten zu sprengen, ist der einzige Weg, der Unfreiheit und dem Wahnsinn zu entfliehen.


 

Mut zum Schreiben

Mut

Manchmal fehlt zum Schreiben der Mut. – Warum? – Wem oder was, das uns Angst macht, könnten wir im Schreiben denn begegnen.

Wenn wir Unwahres schreiben wollen, brauchen wir ganz sicher keine Angst zu haben. Denn wir wissen ja, dass das Unwahre unwahr ist und wovor sollten wir uns also fürchten.

Verlässt uns der Mut also, wenn wir Wahres schreiben wollen? Ist das Wahre so schwer zu erleben, dass wir vor dem Wahren Angst haben müssen? Haben wir, wenn wir keinen Mut zum Schreiben finden, tatsächlich … Angst vor der … Wahrheit? Angst vor der Wahrheit unseres eigenen Lebens?


 

Klar und wahr und …

Schlagwerk

Ein Text, der klar und wahr und leicht verständlich ist, ist schon ganz gut und schön, insofern er eben klar und wahr ist. Aber was ist mit der leichten Verständlichkeit? Ist sie wirklich eine Hilfe zu einem wirklichen Verständnis oder eröffnet sie vielmehr die Tore zu nur vermeintlichem Verständis, das mehr Missverständnis als wirkliches Verstehen ist. Wissensdünkel also.

Wie dagegen steht es mit einem Text, der ebenso klar und ebenso wahr aber nur schwer verständlich ist? – Sofern sich ein Leser oder eine Leserin auf diesen Text einlässt, werden er oder sie sich selbst bemühen, zu einem Verständnis zu gelangen. Dieses Verständnis wird dann ein selbst gewonnenes Verständnis sein, ein wirkliches Verständniss, ein selbst begründetes Verstehen. Jederzeit aus sich selbst heraus ohne Zitiererei wiederholbar, jederzeit zu besprechen, zu diskutieren und zu verteidigen. Ein wirkliches Verstehen eben.

Nun könnte man einwenden, dass sich sicherlich nur wenige auf einen schwer verständlichen Text einlassen werden. – Nun gut; so stehen wenige mit wirklichem Verstehen vielen mit Wissensdünkel gegenüber. Da sind mir die wenigen Verstehenden dann doch lieber!


Schreiben

I love you

Im Schreiben begegnen wir einem unbekannten Wesen.
Im Schreiben begegnen wir einem fremden, wunderbaren und liebenswerten Wesen.
Im Schreiben begegnen wir uns selbst.

Ein Widerspruch?
Nein! Kein Widerspruch!
Statt dessen die Ermutigung, sich ins Schreiben zu begeben, sich selbst zu begegnen, sich selbst zu finden, sich selbst kennen zu lernen.
Sich selbst kennen zu lernen, als unbekanntes, fremdes, wunderbares und liebenswertes Wesen.

Sich selbst zu begegnen und zu schreiben: I love you


 

Schreiben heilt

Schreiben heilt

Schreiben schließt die Wunden, die das Erleben reißt. Es klärt die Fragen, die das Erleben an uns richtet und lehrt uns, mit diesen Fragen umzugehen. Und manche Fragen lassen sich auch beantworten.

Warum schreiben so viele Menschen so leidenschaftlich, auch wenn es gar nicht darum geht, anderen etwas zu erzählen oder einen Bestseller zu veröffentlichen? – Es geht darum, Klarheit im Leben und eine Weltsicht zu gewinnen, die lebbar ist; mit der wir weiterleben können. Es geht darum, Wunden zu versorgen, eine Heilung zu ermöglichen.


 

Im Dialog

Schreiben ist eine Lebensform

Im Schreiben begegnen wir uns. Uns selbst. Im Dialog.

Über den Dialog haben wir keine Macht. Vielleicht rührt daher die Angst vor dem Schreiben.

Bewusst können wir nur den einen Part des Dialogs erfüllen. Was ist mit dem andern Teil? Der andere Teil ist da; kein Zweifel! Aber woher kommt er? Wie ist er hierher gekommen? Wer ist er, dieser andere Part des inneren Dialogs?

Wer ist dieser Dialogpartner? Dieser unsichtbare Gesprächspartner, der so viel Macht zu besitzen scheint?


 

Schreiben was ist

Schreiben was ist

Wie können wir uns im Schreiben begegnen?

Wir müssen nur schreiben, was ist.
Was wahr ist.
Oder was wir wirklich als wahr erachten.

Wenn wir den Mut finden, zu schreiben was ist, werden wir auch den Mut finden, uns selbst zu begegnen.


 

Schreiben wie ein Gebet

Sparkler

Wirkliches Schreiben kann sein wie ein Gebet. Es klärt die Gedanken, gibt uns Hoffnung und Zuversicht und die Kraft, das Richtige zu tun.

Im reinen Schreiben können wir erfahren, was sich durch das Gebet erfahren lässt, was viele Menschen täglich im Gebet erfahren.

Schreiben wie im Gebet. Nicht um eines Dritten Willen oder um sich von einem Gott Zuwendung zu erbitten oder Vorteile zu erschleichen.

Schreiben wie im Gebet. Nur um seiner selbst und unserer selbst Willen.


Das Andere

Das Andere

Das Andere –

Im Schreiben begegnen wir einem Anderen. Wir begegnen einem Anderen, das wir selbst nicht sind.

Wir begegnen dem Anderen auch durch ein Anderes, das wir selbst auch nicht sind.

Wir sind zwar nicht dieses Andere, dem wir begegnen und durch das wir ihm begegnen. Wir sind es nicht, aber wir sind ein Teil von ihm. Und dieses Andere ist ein Teil von uns.

Wir brauchen diese Begegnung mit dem Anderen, dessen Teil wir sind und das Teil von uns ist, um uns selbst zu begegnen. Nur in der Begegnung mit dem Anderen, in der Erkenntnis des Anderen, können wir uns selbst begegnen und uns selbst erkennen.

Ohne das Andere bleiben wir uns immerzu fremd.

Das Wahre, Gute und Schöne –

In diesem Anderen begegnen wir immer auch einem Schönen. Denn so wie das andere ein von uns selbst erkanntes Anderes ist, so ist es auch ein Schönes, erkannt durch eigene Schönheit. Denn das Andere, sofern es wahr ist, ist immer auch schön. Denn das Wahre ist das Schöne; gleich welchen Inhalts es ist. Und es ist auch ein Gutes; ebenfalls gleich, welchen Inhalts es ist.

So sind sie im Schreiben miteinander vereint: Das Andere und das Wahre, Gute und Schöne.