Zuhören

Das ehrliche, das wirkliche Zuhören; ist es eher eine Kunst oder eher ein Zauber? – Vielleicht beides.

Wenn wir dazu bereit sind, einem Menschen ehrlich und ohne eigene Absichten zuzuhören, so gewähren wir diesem Menschen damit in Würde die Möglichkeit, sich ein klares und vielleicht neues Weltbild, sich eine klare und vielleicht neue, bessere Welt zu erschaffen.

Wir gewähren diesem Menschen damit die Möglichkeit, seine Gefühle zu erkennen und gedanklich zu fassen, seine Gedanken zu ordnen, in eine klare verständliche Form zu bringen, sich selbst zu erkennen und selbst zu verstehen, neue, bessere Wege zu finden, zu erkennen und zu beschreiten.

 

Ich spinne doch nicht …

„Ich spinne doch nicht“, höre ich manchmal jemanden sagen. In Filmen sagen sie das auch andauernd und sogar Politiker sagen das. Politikerinnen auch.

Dabei stimmt das gar nicht. Es kann gar nicht stimmen, weil wir am laufenden Band am Spinnen sind. Wir spinnen ständig, wir spinnen überall. Wir spinnen sogar im Traum. Wir sind auf das Spinnen angewiesen. Ohne wild zu spinnen hätten wir keine einzige Idee, die uns irgendwie weiterbringen kann.

Viel erstaunlicher als das Spinnen ist es da schon, dass wir manchmal im Spinnen auch das Wahre treffen. Wie ist es uns möglich, den Unterschied zwischen reiner Spinnerei und Gedanken mit Realitätsbezug zu erkennen und die einen von den anderen Gedanken zu trennen?

Okay,- Okay, – wenn ich diese Frage stelle, denken nun die, die mich kennen: Der Micha will doch wieder auf den Sokratischen Dialog hinaus. Aber das ist gar nicht der Fall! Hier interessiert mich vielmehr: Wie machen es all die Menschen, die den Sokratischen Dialog überhaupt nicht kennen???

 

Ziel und Weg

Fast alle Philosophen, Gelehrten, ‚Schreiber (und auch die Schaumschläger) wollen mich belehren; über das eine oder das andere – und sie scheuen auch nicht davor zurück, ihre unumstößlichen Erkenntnisse auch noch rhetorisch zu untermauern. Sicher ist sicher, oder?

Der einzige Philosoph, der zusammen mit mir untersucht, wie sich das eine oder andere nun möglicherweise verhält und welche Erkenntnisse wir daraus gewinnen können, ist Sokrates bzw. Platon. Im Sokratischen Dialog. Und ich bin Platon unendlich dankbar, dass er diese Dialoge für uns aufgeschrieben hat.


 

Stark in Gedanken?

Wage nicht zu glauben, Du dürftest wagen, alle Gedanken zu denken —

Wir Philosophen sollten eigentlich in der Lage sein, uns allen Fragen und Gedanken zu stellen. Wenn nicht wir — wer denn dann? Das erwarten wir von uns selbst – mutig genug sind wir ja – und andere, die sich mit Fragen an uns wenden, erwarten das meist auch. Schließlich haben wir ja eine lange und aufwändige Ausbildung genossen; da erwartet man so etwas ja wohl auch zu Recht.

Dabei dürfen wir aber nicht vergessen, dass wir Philosophen selbst auch nur Menschen sind!

Freilich dürfen, sollen und müssen wir uns allen existierenden Fragen stellen. Aber wir dürfen das nur auf die Weise tun, die wir erlernt haben; sachlich, nüchtern, distanziert. Wir müssen uns davor hüten, gefährliche Fragen – und solche Fragen gibt es zweifellos – zu unseren eigenen Fragen zu machen. Wir dürfen uns niemals durch unser Können glauben machen, dass wir auch alle Gefahren des Denkens bereits kennen. Wir müssen stets auf der Hut sein; auf der Hut, um uns selbst vor den Gefahren, die das Denken birgt, zu schützen und zu bewahren.


 

Selbst-Erzählungen

Erzählungen und Selbst-Erzählungen

Es ist so ungeheuer lebensentscheidend, was wir uns erzählen. Weniger das, was wir anderen erzählen, als vielmehr das, was wir uns selbst erzählen. Uns selbst über uns selbst und über unser Leben.

Was wir uns selbst über uns selbst erzählen, d.h. was wir über uns selbst denken, bestimmt unser Lebensgefühl und unsere ganze weitere Lebensentwicklung.

 

Geschichte und Gegenwart

Historie

Wir sagen manchmal: „Das ist Geschichte“ oder „Das ist doch Historie“ und meinen damit, das ein Geschehnis der Vergangenheit angehört und nun keine Bedeutung mehr hat.

Nehmen wir die Sache ein wenig genauer, werden wir feststellen, dass bewusste Geschichte immer auch der Gegenwart angehört. Insofern ist es von Bedeutung, welche und welcherart erzählte Geschichten wir in unserer Vergangenheit und Gegenwart mit uns tragen.

In anderen Worten: Wir sind auch verantwortlich, für die ehrliche, wahrhafte und förderliche Erzählung der Geschichten über uns und unsere Vergangenheit. Die förderlich erzählte Biografie gehört zur verantwortungsvollen Sinnstiftung unseres Lebens unweigerlich dazu.

 

Geschichten

Geschichten, Erzählungen, Storytelling

Eine Geschichte ist kein Irgendwas, ist keine wahllose Aneinanderreihung von Wörtern, ist kein Gelaber und ist kein Blah-Blah.

Eine Geschichte ist eine erzählte, d.h. in Worte und Sprache gefasste, sinnreiche Aneinanderreihung oder Schichtung (vgl. Ge-Schichte) von in Worte und Sprache gefassten Geschehnissen, Erlebnissen, Ereignissen.

Durch Geschichten werden Geschehnisse gebunden und gebündelt, festgehalten. Indem Geschehnisse zu Geschichten gestaltet werden, entsteht aus den Geschehnissen ein sinnfälliges Seiendes.

 

Geschichten erzählen

Storytelling

Es gibt erfundene Geschichten und es gibt wahre Geschichten.
Mich interessieren besonders die wahren Geschichten.

Geschichten sind erzählte Erlebnisse und Ereignisse. Geschichten sind also in Worte gefasstes und in Sprache gegossenes Geschehen.

Es gibt gute und es gibt schlechte Geschichten. Gute Geschichten bereichern unser Leben und fördern es. Schlechte Geschichten tun dies nicht.

Um ein Geschehen, ein Ereignis oder ein Erleben zu einer wahren Geschichte werden zu lassen, müssen wir uns an sinngebendem Wissen orientieren. Um sie darüber hinaus zu einer guten Geschichte zu machen, dürfen wir nicht wahllos alle Fakten, die uns zur Verfügung stehen oder die uns in den Sinn kommen, aneinander reihen. Wir müssen die wahren Ereignisse so erzählen, dass sie uns ein Überleben und ein reicheres Leben ermöglichen.

Wenn uns das gelingt, so erschaffen wir eine wahre, gute, schöne und ehrliche Geschichte. Dann erheben wir Ereignisse zu einem guten, schönen und Sinn stiftenden Sein.