Haruki Murakami

Über den Sinn oder den Unsinn des Lebens.

Heute Nacht las ich – wie passend – in einem Buch von Haruki Murakami (1Q84) folgendes Gespräch zwischen einer jüngeren Frau und einer älteren (weisen?) Dame:

„Ich bin ganz durchschnittlich“, sagte Aomame. „Ich lese nur sehr gern. Hauptsächlich Bücher über Geschichte.“
„Das tue ich auch gern. Die Geschichte lehrt uns, dass Vergangenheit und Gegenwart im Grunde eins sind. Ganz gleich, wie sehr wir uns in Garderobe und Lebensart unterscheiden, unsere Gedanken und Taten sind gar nicht so unterschiedlich. Wir Menschen sind letztlich nur Träger von Genen. Auf ihrem Weg reiten sie auf uns von Generation zu Generation, gerade so, wie wenn man Pferde zu Tode reitet. Die Gene denken nicht in Kategorien von Gut und Schlecht. Wir haben Glück oder Pech mit ihnen, aber sie wissen nichts davon. Denn wir sind nicht mehr als ein Mittel zum Zweck. Für die Gene zählt nur, was für sie selbst den größten Nutzen bringt.“

„Dennoch ist es uns unmöglich, nicht darüber nachzudenken, was gut und was schlecht ist. Nicht wahr?“

Die alte Dame nickte. „So ist es. Wir Menschen müssen ständig darüber nachdenken. Und dennoch sind es die Gene, die unsere Lebensweise von Grund aus beherrschen. Selbstverständlich entstehen aus dieser Situation Widersprüche“, sagte sie und lächelte.

Diese Darstellung der Gedanken hat mir ganz gut gefallen: Unter den uns gegebenen Bedingungen sind wir genötigt und teils auch in der Lage, darüber nachzudenken, was Gut und was Schlecht ist. Und dann können wir (vielleicht) auch entsprechend handeln.

Die Frage nach dem Sinn von etwas unterstellt ja immer auch die Frage: Was ist das Gute daran? Und ich denke, es kann von uns geschaffen nichts Gutes und Besseres geben, als das, was sich uns in reiflichen gekonnten Überlegungen als Gut zeigt. Und wenn wir das dann auch noch verwirklichen können, haben wir ziemlich viel Gutes, Sinnvolles geschaffen und Sinn erfüllt!


 

Mensch – wofür lebst Du?

Ich freue mich immer, wenn ich Idealisten begegne. Und Idealistinnen natürlich auch, denn auf den Piephahn kommt’s dabei nicht an.

Worauf es aber ankommt, ist die Frage, ob ein Mensch seinem Leben einen Sinn und Zweck außerhalb seiner selbst verliehen hat, Welt und Werte erschafft, oder nur darin einen Sinn seines Daseins erkennen kann, dem eigenen biologischen Wohlergehen und der Pflege des Leibes zu dienen.

 

Michael Gutmann
Berlin