Was wir denken

Wir denken und denken und denken …

Fast den ganzen Tag lang sind wir, so scheint es, am Denken. Aber was denken wir eigentlich den ganzen lieben langen Tag lang? Wie viele neue, uns begeisternde Gedanken und Ideen, die uns beflügeln, sind dabei? Und wie viel ist nur alter, gäriger, unverdauter Mist? Und wie weit könnten wir kommen, wenn wir das Denken des alten Mists sein lassen könnten und uns statt dessen mit neuen, konstruktiven, nahrhaften Gedanken befassen würden!

 

Begehren

Der Mensch begehrt solang er lebt …

Wir begehren, was uns schön und was uns gut erscheint. Wir können aber konkret nur das begehren, was wir kennen oder wovon wir zumindest eine Idee haben. Was sich nicht innerhalb unseres Horizonts befindet, ist für uns als Ziel des Begehrens unerreichbar, weil in unserem Bewusstsein gar nicht vorhanden.

Was könnte es über das uns schon Bekannte noch weiterhin Schönes und Gutes geben, von dessen Existenz wir überhaupt keine Ahnung haben?

 

Schreiben / Das Gewitter

Da ist sie wieder, diese Idee,
diese Idee, die nichts weiteres neben ihr zulässt,
die alles andere verdunkelt,
diese Idee, die sich nach vorn drängt und von mir Besitz ergreift.

Dann kommt das Gewitter.

Ideen und Gedanken blitzen auf.
Eine Idee, die nächste Idee, die nächste fordert die nächste heraus, fordert sie auf zu jagen und gejagt zu werden,
stärker zu sein, schneller zu sein, heller zu sein.

Ein Gedanke taucht auf. Der nächste treibt ihn, will ihn verdrängen, bezwingen, verjagen,
will Sieger sein.

Ideen und Gedanken ringen und schlagen aufeinander ein, vernichten sich gegenseitig, wollen als Einzige überleben, die stärksten sein.

Stunden, Tage sind vergangen
in Freude, mit Schmerz.
Jetzt bin ich müde, ich mag nicht mehr,
ich bin erschöpft,
fast alles scheint egal zu sein.

Ich ordne die Trümmer,
höre noch das Grollen des Donners in der Ferne,
höre, dass endlich Ruhe ist in meinem Hirn.
– In meinem Hirn? – mit mir selbst und meinem Willen hat das schon lange nichts mehr zu tun!

Ich schreibe, um zu retten, was noch zu retten ist.

Ich schreibe,
das Grollen verhallt, es herrschen wieder Ruhe und Frieden.

Jetzt, nach dem Gewitter ist die Luft klar und rein,
im Garten ist es kühl.
Ich atme tief ein und atme tief aus, spüre die feuchte Luft
und staune über dieses seltsame Leben.

 

Michael Gutmann
Berlin